Auch wenn es nur Landschaften sind, die seit einigen Jahren unerschöpfliches Thema meiner Arbeit sind, spiegeln sie doch die sozialen Aspekte und Sichtweisen, die ich von einer Gegend habe. Also sind es auch Bilder mit durchaus politischem Hintergrund.

 

Wie ist etwas so geworden, wie es nun ausschaut, warum prägen vermehrt Monokulturen das Landschaftsbild, und welche Agrarphilosophen übernehmen Verantwortung gegenüber den nachfolgenden Gene-rationen?

Fragen über Fragen!

 

Da es mir nicht erstmals geschieht, dass der fadenscheinige Denkanzug die Kleinkariertheit unserer Politiker offenbart und deutlich macht, wessen Geistes Kind sie sind, packt mich nicht geringe Wut.

Folglich fließen Dinge in meine Arbeit ein, die mir eigentlich ein Greuel sind: Formulare, Fragebögen …

 

Und es gibt dann ein waches Interesse daran, welche Menschen mit diesem Wust von Papier davon abgehalten werden sollen, geduldete deutsche Staatsbürger zu sein.

 

So also sind diese Bilder „Deutsch für Ausländer“ als „Landschaftsbilder“ einer anderen „Monokultur“ entstanden – Tafeln zum Leben der Anderen und Notationen zur Bildbegrifflichkeit der Nationalität.

 

Ihr Ursprung liegt wie immer in der Neugierde – Was ist? Wer macht was? – und macht es Spaß?

 

Wolfgang Christophersen

    

Makrokosmos + Mikrokosmos

 

In einer weiten, von ausladenden Moränenwellen geprägten Landschaft lebend verweilt man gefällig schweifenden Blickes und mag sich in der Unendlichkeit eines offenen Horizontes verlieren. Das Herz wird weit, der Gedanke wägt das Hoch und Tief, das Nahe und das Ferne. Nichtsdestotrotz fixiert sich das Auge, gerade um der Weitschweifigkeit einen haltenden Punkt zu geben in dem Ort „Mikrokosmos“.

 

Dann, okular eingestellt, versucht der Blick wiederum seinen Gewohnheiten nachgehend Weite zu gewinnen.

 

Plötzlich gewinnt die partikuläre Welt an neuem Raum, und, mikroskopisch vergrößert, wandelt sich das Korn zum Fels, Erdpartikel werden zur Scholle, ein Span zur Umzäunung, ein Kürzel zum Wort.

 

Derart eingetaucht wird der augenscheinliche Ausgangsort verlassen, um eine allen Orten haftende Wesentlichkeit sinneshaft zu machen – Erde verschwämmt mit Erde, Wasser werden zu Wassern, Luft dringt durch Luft, Feuer brennt in Feuer.

 

Doch letztlich wehrt sich das Auge gegen das Verschwommene und weiß wohl zu sortieren – spontan bilden sich Strukturen, Linien, Ebenen, um neue Bilder der gewohnten Sehweise entgegen zu setzen. Ungeahnte Blickwinkel, unbequeme Zusammensetzungen, auch Widerstrebendes steht neben Wohlwollendem und bekanntem, lächelnd wohligem Wiedererkennbaren.

 

So befindet man sich im fremden und gleichwohl vertrauten Raum, Fremder und Heimischer, immer auf dem Grat der Frage nach dem, wo es lang geht.

 

Du kopfblöder Deutschzaun

Stellst mir den Querriegel

 

Quillt mein Seelendarm

übermäßig wunschgefüllt an Flüstereien,

die mir den Blickkinker in mein Innerstes trichtern.

Sind mir nicht hold, oder sie mögen und lieben mich.

Bin ganz anders unterwegs…

Die Hütten verlassend – South Africa – Brazil – India – Ghana – Moldavia

Sehe ich die Botschaften an den Bretterwänden.

Den Bretterwänden, die die Objekte aus Glas und Stahl schützen.

Ich entziffere Kürzel, heimatliche Bilder taumeln hoch,

doch diese Bretter tragen keine Nachrichten von Menschen,

deren Lebenszeichen hier nach oben geschwemmt sind.

Diese Bretter umkleiden den Palast Mammon

mit der Sprache Hohl, die keinem gehorcht, die nicht mal scharf,

oder die der stolzen Krieger, hoffend darauf, scharfe Zungenschwerter gewetzt zu haben, in das Holz eingeritzt.

 

Meine Mutter, schmiert die Butter

immer an der Wand lang, immer an der Wand lang…

 

Wo es lang geht?

Nahrung, Sinn, der Boden der schnellen Kost…?

 

Quillt mein Seelendarm

übermäßig wunschgefüllt an Flüstereien,

die mir den Blickkinker in mein Innerstes trichtern.

Sind mir nicht hold, oder sie mögen und lieben mich.

Bin ganz anders unterwegs…

 

Franziska Koschmidder