[…] Die von Steffi Deparade-Becker benutzte Farbpalette lohnt ein genaueres Betrachten. Dies gilt auch für die Raumanordnungen. Schaut man die Bilder länger an – manchmal unterstützt auch ein Titel das Weiterdenken –, so ergeben sich häufig fast automatisch Assoziationen zu industrieller Architektur einschließlich verlassener Areale, die Merkmale des Verfalls in sich tragen. Während man im ersten Moment eine mehr oder weniger abstrakte Raumkomposition registriert, zeigt sich dann, dass Steffi Deparade-Becker in einer besonderen, verhaltenen Art auf Momente der Zeit – Deindustrialisierung, ökologische Gefährdungen oder auch die „schöne neue Welt“ der Umwidmung alter Industriebauten – reagiert. […]

In allen Kompositionen lässt sich übrigens eine gewisse Brachialität der Bauten ahnen – gleich ob sie eher historisch sind wie ein „Meeresbunker“ (2011) oder aktuell wie die Brücke auf dem Bild „Am Fluss“ (2013) […]

Bei allen Werken der Künstlerin bleibt […] aber alles eher im Vagen, fordert den Betrachter mit künstlerischen, Erzählerisches vermeidenden Mitteln zur Interpretation heraus. In diesem Zusammenhang muss man die Bilder Steffi Deparade-Beckers erst recht genauer, aus der Nähe, betrachten. Dabei zeigt sich, dass dem Malerischen […] die Collage vorausgeht, eine Technik, die sie seit 1983 kontinuierlich anwendet. Motive aus Zeitungen und Journalen sind für sie gleichermaßen anregender Hintergrund wie Spielmaterial, das übermalt, teils wieder abgerissen und wieder neu aufgetragen wird. Es entsteht ein Zusammenspiel mit der Farbe. […]

Lisa Werner-Art, 2014

 

[…] Horizontale und Vertikale, Helligkeit, Dunkelheit, aufglimmende Lichter, durchbrechende Strahlen im nebligen Grau, Staffelungen in die Tiefe, Verschachtelungen. Man glaubt, hohe Häuser zu entdecken, glaubt, verschiedentlich hineinsehen zu können. Im Dunkel scheint Regennässe zu glänzen. Man wähnt, Spiegelungen zu erkennen. Manche Bildkompositionen wirken gläsern, erinnern auch an Vereisung. Manchmal scheint man die Geräusche der Großstadt zu hören, Menschen, die die Straßen entlang hasten, oder auch die Lichtspuren der Autos zu sehen. Man denkt an Städte mit glänzenden Fassaden, aber auch deren Rückseite. Außer Licht zeigen sich viele Tiefen, reichlich Diffusität, alltägliche Ungewissheit anzeigend. […]

Unter den Händen der Künstlerin entstehen Bilder voller Suggestivkraft, voller Sensibilität und – im mehrfachen Sinn – voller Vielschichtigkeit. Man entdeckt ein collagierte Zeitungs- und Zeitschriftenfragmente. Oft sind sie gerade noch wahrnehmbar, manchmal auch deutlicher sichtbar, manchmal zum Teil wieder entfernt, so mit den zerfransten Rändern der Farbe ein Hindernis bietend. Sie sind eingebettet in gemalte Räume aus Horizontalen und Vertikalen. Die Bilder folgen einer Art architektonischem Prinzip, wirken wie gebaut. Die Farbe ist mal dicker, mal dünner aufgetragen. Sie bildet mal einen Schleier über den Collagen, mal eine Art Wirbel, der zum dynamischen Bildelement wird, mal ist sie als Laufspur sichtbar. Es wechseln Transparenz und Undurchschaubarkeit. Die Farbigkeit der Bilder Steffi Deparade-Beckers ist von besonderer Delikatesse. Neben Hell-Dunkel-Kontrasten bestimmen feinste Abstufungen ihre Malerei. Man entdeckt helles bläuliches Grün, manchmal gestellt gegen ein dunkles Grau, fast Schwarz, hin und wieder von einer Spur dunklem Violett veredelt. Es zeigt sich auch mit Weiß abgetöntes Rot oder Orange – ganz zart oft, in jüngerer Zeit auch kräftiger aus dem Dunkel leuchtend. Helles, mit Weiß getöntes Gelb ist ebenfalls da oder grünliches Grau. Neuerdings hat sich ein wunderbares helles Blau in die Farbskala geschoben, ein blau, das an den Himmel südlich der Alpen erinnert. […]

Lisa Werner-Art, 2013

 

 

[…] In souveräner Beherrschung der künstlerischen Mittel entstehen horizontale oder vertikale Farbschichtungen, die trotz zahlloser Mischungen niemals an Leuchtkraft oder Reinheit verlieren. Die schwebende Atmosphäre der Kompositionen aus Himmel, Licht und Wasser, scheint sich bis ins Unendliche zu steigern. Scheinbar unvereinbare Gegensätze existieren in harmonischem Miteinander: Bewegung und Stille, Melancholie und spielerische Aspekte, Ruhe und Drama, Transparenz und Undurchschaubarkeit. […]

 

Lieselotte Rojas Sanoja, Februar 2012